Manch Arbeitgeber hat keinen Spaß am Umgang mit Menschen

Zu dieser Erkenntnis kam ich, nachdem ich mal wieder eine Stellenanzeige las, die so überhaupt nichts aussagt. Was meine Fragen bei diesem Arbeitgeber hervorbrachten, werde ich Ihnen nicht vorenthalten.

Man will uns von einem Fachkräftemangel glauben machen und in der Personalabteilung wird man wohl fündig. Mittlerweile finde ich es verdammt ärgerlich, dass man noch in den 1990ern keine Punkte bei einer IHK-Prüfung für solche Anzeigen erlangt hätte. Aber heute sind die Standards in der Arbeitswelt so herunterreduziert, dass Wissen und Mühe nur Arbeit machen. Wofür haben wir noch eine Ausbildung gemacht, wenn die Standards nicht mehr gelten?

Wer kennt das nicht? Man möchte sich beruflich verändern und sucht nach einer neuen Tätigkeit. Stellenanzeigen unterscheiden sich jedoch nur noch in ihrer Schlechtigkeit. Welche Anzeige enthält noch informativ

  • Vorstellung des Unternehmens
  • Wer wird gesucht?
  • Was wird vom Bewerber erwartet?
  • Was kann das Unternehmen bieten?
  • Wie kann man sich bewerben?

Ich fragte den Arbeitgeber

Als mir folgende Stellenanzeige begegnete drang in mir der Wunsch durch, diesem Arbeitgeber mal deutlich zu machen, was für einen Blödsinn er da schreibt. Es werden MitarbeiterInnen für ein Testzentrum gesucht. Der Unternehmensschwerpunkt liegt bei der Betreuung älterer Menschen. Und los geht´s – rechtschreibfehlerbereinigt. Ja auch da hat man nicht vernünftig gearbeitet:

Auf der Internetseite beschreibt der Arbeitgeber sein Unternehmen. Der Punkt „Vorstellung des Unternehmens“ wäre damit schon mal abgehakt.

Kommen wir zu „Wer wird gesucht“:

· motivierte, verantwortungsbewusste und offene Arbeitshaltung

Was ist eine „offene Arbeitshaltung“? Arme auseinanderbreiten und die Menschen umarmen?

· Flexibilität

Da fehlt auch „Speck“ dran. Flexibel in der Einstellung, flexibel bei der Bezahlung, flexibel in der Arbeitszeit? Oder reicht es, wenn man Spagat kann und die Knochen flexibel sind?

· sauberes und hygienisches Arbeiten

Ok

· vernünftiges Auftreten

Was ist „vernünftig“? In welchem Wertesystem sind wir? Ziehe ich eine Jeans an oder doch lieber kurze Buchse? Wenn es heiß ist, ist Letzteres vernünftig. Vernünftig aus welcher Sicht? Oder muss ich nur wie Alice Weidel einmal richtig feste aufstampfen?

· Spaß am Umgang mit Menschen

Bei Menschen gibt es immer Solche und Solche. Kann man auch unfreundliche Menschen in ihre Schranken weisen oder ist man dann gleich seinen Job los?

Aber der Burner ist:

· Stundenlohn: 13-15 € (je nach Erfahrung)

Es geht um ein Testzentrum. Wie lange mag man da wohl schon Erfahrung haben?!?!?!?!?! Und was bieten Sie? Nix.

Weitere Stellenanzeigen dieses Arbeitgebers verlangen die Nutzung des eigenen PKW, um zu den KundInnen zu fahren und mit ihnen einkaufen zu gehen oder sie zu Freizeitaktivitäten zu begleiten , etc. Dazu fragte ich:

Ferner fehlen auch Informationen über die Vergütung des gewünschten eigenen PKW. Werden Abnutzungen berücksichtig? Gibt es Spritgeld und Vergütungen für Parkgebühren?

Die Position, was das Unternehmen bietet, ist nur marginal abgedeckt. Es wird von Erfahrung geschrieben, aber nicht von Qualifikation. Die Testzentren bestehen erst seit zwei Jahren. Demnach ist auch dieser Passus überhaupt nicht aussagefähig.

Abschließend wird der Teil „Wie kann man sich bewerben?“ wie folgt angeboten:

Bitte senden Sie Ihre aussagekräftige Bewerbung per Mail an info@namedesarbeitgebers.de, usw. Wir freuen uns von Ihnen zu hören – werden Sie Teil unseres Teams!

Ich erwähnte noch, dass man schwer eine aussagekräftige Bewerbung erwarten könne, wenn man selbst keine aussagekräftige Stellenanzeige veröffentlicht. Es scheint ja üblich zu sein, sich keine Mühe mit Stellenanzeigen zu geben, aber dann muss man sich auch nicht wundern, wenn man entsprechende Bewerbungen erhält oder die Mitarbeiter auch schnell wieder verschwinden.

Die Reaktion des suchenden Arbeitgebers

Er löschte meinen Kommentar mit den Fragen auf seiner Facebookseite. Da bleibt sein Spaß am Umgang mit Menschen erst mal auf der Strecke. Also fragte ich, wie denn ein Vorstellungsgespräch aussehen mag, wenn solche Fragen nicht zugelassen werden? Auch dieser Kommentar wurde wieder gelöscht. Eine offene Arbeitshaltung lässt der Arbeitgeber seinerseits gänzlich vermissen. Meinen Kommentar, dass ich über diese Situation bloggen werde, ließ er dann aber doch stehen.
Wie mag wohl die Arbeitssituation vor Ort sein, wenn man nicht mal Fragen stellen darf? Es wird wohl mehr Wert auf Konformität denn auf Eigenständigkeit gelegt. Die Konfliktwahrscheinlichkeit in diesem Arbeitsumfeld scheint doch konkret zu sein.

Fazit

Will man wirklich wissen, in was für einem Umfeld man arbeiten würde oder wie offen und gesprächsfähig ein Arbeitgeber ist, dann verhält man authentisch. Auf diese Weise wird die Kommunikation anders. Anders als das, was üblich erwartet wird. Denn jeder nimmt sich mit, kann sich nicht dauerhaft verstellen, wie beim Vorstellungsgespräch. Irgendwann zeigt jeder seine Persönlichkeit. Und wie man damit umgeht, kann sofort herausgefordert werden.

Die Wahrscheinlichkeit, keinen Job zu erhalten, ist dann natürlich gegeben. Aber was sind das für Arbeitsstandards, wenn man nicht mal mehr Fragen stellen oder ggf. Vorschläge machen darf? Da müssen die Arbeitgeber umdenken.

Dieser Arbeitgeber hat gezeigt, dass er selbst nicht das liefern kann, was er von seinen Bewerbern einfordert: Spaß im Umgang mit Menschen und eine offene Arbeitshaltung. Eine Kommunikation durch Löschen zu unterbinden zeigt: Hier will man keine Lösungen. Maul halten und arbeiten! Alleine schon ein vernünftiges Auftreten einzufordern zeigt, was er von den Bewerbern hält. Sie werden schon unter Generalverdacht gestellt, dass sie sich nicht anständig kleiden, verlottert sind und sich negativ verhalten. Das ist total despektierlich. Wer schon in einer Stellenanzeige herabwürdigend erscheint, wie mag sich die Realität beweisen?

Dabei heißt es

„Wir freuen uns von Ihnen zu hören – werden Sie Teil unseres Teams!“

So sehr klang die Freude bei mir nicht durch.

Ist es nicht total bekloppt, wie dieses Bewerbungskarussell sich dreht? Man bekommt doch den Eindruck, der sich Bewerbende muss kriechen, alles akzeptieren. Der hochherrschaftliche Arbeitgeber bläht sich auf mit den nicht gesagten Worten: „Komm, Du willst es doch. Du brauchst es doch.“ Auch diese stets eingeforderte Teamfähigkeit scheint überhaupt nicht zu funktionieren. Wieso sonst erleiden so viele Erwerbstätige einen Burnout und werden gemobbt?

Diese gewöhnlichen Floskeln bei Bewerbungen lassen sich den Arbeitgeber nicht von anderen abgrenzen. Und der Bewerber antwortet auch nur im Sinne des Arbeitgebers. Natürlich freut man sich auf die Arbeit und teamfähig ist man allemal. Das würde jeder sagen. Und für die Flexibilität wird Omma eingeschaltet, damit sie das Kind verwahrt. Nein, nein, alles Bestens. Ich will es doch auch.

Und dann wundert man sich, dass das Arbeitsverhältnis nicht auf Dauer funktioniert. Denn stellt man Fragen…wird man gelöscht.

Hinterlasse einen Kommentar